Status: Nicht angemeldet

Der Herzensweg zu Freiheit, Liebe und Vertrauen

Der Herzensweg zu Freiheit, Liebe und Vertrauen

16.03.2023 | von John Schlammes. Das Herz ist unser wichtigstes Organ – es schlägt schon lange, bevor wir geboren werden und steht symbolisch für unzählige Eigenschaften. Wir alle wissen wie es ist, wenn einem warm ums Herz wird, etwas einem das Herz zerreißt, jemand einen besonders herzlich empfängt oder wenn das Herz gebrochen ist. Gemeint ist hier nicht das physische Herz, sondern ein Bereich im Brustraum, den man wahrnehmen und erfühlen kann, und dem besondere Qualitäten in unserem Mensch-sein und in unserem menschlich-sein zugesprochen werden – das spirituelle Herz.

Titelbild Bildquelle:  © Stocksy United  / Yaroslav Danylchenko

Das Herz wird im Yoga hridaya genannt, was soviel bedeutet wie empfangen (hri), geben (da) und regulieren (ya). Dies bezieht sich sowohl auf die physiologische Funktion des Herzens, also auch im übertragenen Sinn auf die psychische Regulation von Eindrücken aus der Außen- und Innenwelt. 

 

Die Chakrenlehre - Der Yogische Weg zur ganzheitlichen Entwicklung

Chakras lokalisieren sich entlang der Wirbelsäule und sind wichtige Kreuzungspunkte unserer feinstofflichen Energiebahnen (nadis), durch die prana, unsere vitale Lebensenergie strömt. Sie können aber auch als Entwicklungsstufen des Menschen interpretiert werden, die wir versuchen, im Laufe unseres Lebens zu durchschreiten vom instinktgesteuerten Überlebensmodus, über die psychisch/mentale Klärung hin zur spirituellen Freiheit, zu dem hin, der wir wirklich sind. Dabei steht jedes Chakra symbolisch für ein bestimmtes Thema in unserem Entfaltungs- und Reifungsprozess.  

In der shat chakra nirupana, einem Text aus dem 16. Jh, werden sechs Chakras detailliert beschrieben, wobei in unterschiedlichen Traditionen auch von anderen Chakrasystemen mit mehr als sechs Chakras gesprochen wird. In der Philosophie des Yoga wird das vierte Chakra als Anahata Chakra im Herzraum oder auch noch als Herzlotus bezeichnet. Symbolisch wird das Herzchakra durch einen zwölfblättrigen Lotus dargestellt, der entweder noch verschlossen ist oder sich geöffnet und entfaltet hat. Ihm wird auf dem Weg unserer unserer menschlichen Entwicklung eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt und es steht für unsere Egostruktur - hier spüren wir oft besonders starke Widerstände und blockaden in unseren persönlichen Entwicklungs- und Wachstumsprozess.

 

Das Herzchakra steht symbolisch für unser Ego - was ist damit gemeint?

Ego bedeutet Ich“ und ist die Vorstellung, die der Mensch in seiner Selbstwahrnehmung, seiner Erfahrung und seinem Erleben von sich hat. In anderen Worten beschreibt das Ego, wie man sich selbst erlebt und erfährt. Wir nehmen die Welt und uns selbst in der Regel durch den Filter unserer Ego-Struktur wahr. Diese wächst über unsere ganze Lebensspanne und wird überwiegend durch unsere Sozialisierung geprägt. Wir erleben und erfahren uns meist nicht als denjenigen, der wir wirklich sind und spiegeln dies in unseren täglichen Verhaltensmustern. Wir sind sozusagen "fremdgesteuert" durch unser Ego und die Geschichten, die uns unser Geist über uns selbst erzählt.  

Gelingt es uns, diese Narrative zu durchschauen, aufzulösen und innerlich zu dem vorzudringen, der wir wirklich sind zu unserem wahren Selbst so können wir uns öffnen und in das hinein entspannen, was ist. Wir lösen uns von einer verzerrten Realitätssicht und können in unserem natürlichen Zustand verweilen. Wir können uns von unseren Ängsten ein Stück lösen und Vertrauen in das Leben entwickeln - wir spüren uns vom Leben getragen.

Wenn sich dieses Vertrauen in das Leben immer stärker vertieft, entsteht ein inneres Gefühl von Entspannung, das es uns erlaubt, uns spontan zu entfalten. Wir werden mutig und authentisch, gehen auch mal Risiken ein und engagieren uns offenen Herzens und voller Zuversicht, dass es klappen wird.

 

Können wir uns dem öffnen was ist?

Wir dürfen uns immer wieder die Frage stellen: Kann ich mit dem SEIN, was ist? Dies kann sich auf Aussagen anderer Menschen oder bestimmte Situationen und Lebensumstände beziehen. Das Leben schenkt uns immer wieder solche Erfahrungen – spüren wir eine starke emotionale Reaktion oder gehen wir in einen starken inneren Widerstand, so können wir erkennen, dass wir bezüglich gewisser Themen noch nicht wirklich frei sind. Können wir uns also dem Leben gegenüber in all seinen Facetten öffnen und seine Lebendigkeit wahrnehmen oder verschließen wir uns durch Vermeidung dessen, was ist? 

 

Öffnet sich unser Herz, so können wir uns auch dem Leben gegenüber öffnen

Je mehr von unserem eigenen Innenleben wir entdecken, umso tiefer können wir uns in das Innenleben anderer Wesen einfühlen - und in das der Welt.“ - Henri David Thoreau 

Wenn wir ganz offen sind und das Erleben des gegenwärtigen Moments nicht durch die eigene, ego-gesteuerte Subjektivität filtern, können wir jeden Augenblick frisch, offenen Herzens und ohne vorgefasste Meinung erleben. Betrachtet man die äußere Welt frei von eigenen Bewertungen und mit innerer Gelassenheit, so kann man wichtige menschliche Qualitäten entwickeln, wie:

  • - maitri (Liebe, offene Freundlichkeit),  
  • - karuna (Mitgefühl, Anteilnahme) und  
  • - mudika (Mitfreude und Begeisterung über Glück und Erfolg eines anderen Menschen).  

 

Der Weg hin zu Freiheit, Liebe und Vertrauen

Eine persönliche spirituelle Praxis, die dem Atem und der Meditation ausreichend Raum gibt, ist der Schlüssel zu tiefen inneren Erfahrungen und der Entwicklung sehr besonderer Qualitäten in unserem Mensch-sein. Das offene Herz steht für Einfühlungsvermögen, Uneigennützigkeit, Frieden, Harmonie, Klarheit, Vergebung, Geduld und Freundlichkeit. Können wir uns dem Leben gegenüber öffnen, so erstrahlt der Herzlotus in seiner vollen Blüte. Wir erfahren eine tiefe innere Freude (ananda) und Leichtigkeit, die unabhängig von äußeren Umständen ist, eine bedingungslose Liebe und Hingabe an das, was ist und an das, was das Leben uns erfahren lässt.

 

Hridaya Visarga Pranayama

Kommen Sie in eine angenehme Sitzposition, schließen Sie Ihre Augen und entspannen Sie sich. Atmen Sie ein paar mal ruhig und tief ein und aus, lassen Sie dann Ihren Atem ganz ruhig werden. Visualisieren Sie sich einen Punkt im Herzraum und einen Zweiten etwa 15 cm vor dem Brustraum. Verbinden Sie nun imaginär beide Punkte miteinander. Lassen Sie Ihren Atem ganz ruhig ein- und ausströmen. Mit jeder Einatmung können Sie den äußeren Punkt langsam in den Herzraum bewegen, mit der Ausatmung wieder zurück. Wiederholen Sie dazu innerlich das Mantra Ham bei der Einatmung und Sa bei der Ausatmung. Wiederholen Sie diese Übung für ein paar Minuten, gerne auch etwas länger. Verweilen Sie dann noch für einen Moment mit Ihrer Aufmerksamkeit im Herzraum. 

John Schlammes ist Yogalehrer und Ayurveda-Ernährungs- und Gesundheitsberater. Er leitet seit 15 Jahren sein eigenes Zentrum für Yoga und Ayurveda in Luxemburg, wo er neben Yogakursen und themenspezifischen Seminaren auch Basisausbildungen in den Bereichen. www.yoga-johnschlammes.com

 

Der Artikel ist erschienen im Ayurveda Journal Nummer 73:

Hier können Sie diese Ausgabe bestellen:

https://www.ayurvedajournal.shop/de-de/heft-73-love-is-in-the-air.html

 


Cookie Consent mit Real Cookie Banner